Donnerstag, 24. Februar 2011

Mnogo zapzerapp

Zu Deutsch - es wird viel geklaut. Das erzählen die Dorfbewohner. So wurde in mehrere Ferienhäuser und Bungalows in Varvara eingebrochen und vor allem technische Geräte mitgenommen. Ein seit dem Sommer hier stehender Jeep ist jetzt ohne Räder. Und ein Ferienhaus wird bei Rückkehr seines Eigentümers ohne Strom sein - etliche Meter Kabel sind weg.
Den Diebstahl von insgesamt 191 Kilometer Stromkabel im vergangenen meldet der österreichische Energiekonzern EVN, einer der großen Energieversorger in Bulgarien. Vom illegal abgezapften Strom gar nicht zu reden. Und die Diebstähle gehen fleißig weiter, wie wir selbst vor einigen Tagen erfahren mussten. Zwei Tage ohne Internet, Fernsehen, Telefon. Kurze Zeit später wurde uns gezeigt warum. Am Ortseingang von Burgas musste das dicke Versorgungskabel über eine Brücke geführt werden. Leichte Beute für Diebe, die gesamte freiliegende Leitung wurde in handliche Stücke geschnitten, aufs Fahrrad, in den Handwagen oder ins Auto geladen und zum nächsten Schrotthändler transportiert.
Jetzt hat die Regierung beschlossen, die Zahl der Schrotthändler stark zu reduzieren - von derzeit über 2000 auf nur noch 300 offiziell lizensiert - da werden die Lizenzverteiler schon mal Hand aufhalten trainieren. Aber richtig ist die Maßnahme schon - die Aufkäufer müssen geeignetes Gelände haben, sie sind bekannt und damit einfacher zu kontrollieren. Drei Diebesbanden, zu denen natürlich auch Händler gehören, sind in Bulgarien allein in den letzten Tagen aufgeflogen. Eine davon im Raum Burgas agierend.
Aber am Anfang der Kette steht immer der einzelne Dieb, vielleicht zwei oder drei, die gemeinsam losziehen und jedes Stück Metall mitgehen lassen das sie kriegen können. Sogar eine Bronzebüste des Nationalhelden Christo Botev wurde geklaut. Klingt ein bisschen lustig, ist es aber nicht. Denn die meisten klauen um nicht zu verhungern. Und das ist nicht übertrieben. Denn den meisten Leuten hier in Bulgarien geht es schlichtweg schlecht. Offizielle Stellen melden eine Arbeitslosigkeit von rund 10 Prozent. Das ist schlicht gelogen. Denn das sind nur die Bulgaren, die sich arbeitslos gemeldet haben. Inoffiziell wird eine Arbeitslosigkeit von rund 40 Prozent vermutet. Denn die meisten arbeitsfähigen Bulgaren, darunter vor allem Zigeuner, sind nirgends gemeldet. Anspruch auf Arbeitslosengeld haben sie nicht, weil seit Jahren nur noch schwarz beschäftigt. Selbst die anspruchsberechtigten bekommen nur für sechs Monate Arbeitslosengeld. Und Arbeitsplätze gibt es im Land ohnehin kaum. Und für Ungelernte schon gar nicht. Also hoffen alle darauf, dass der Bauboom bald wieder beginnt. Da gibt es wieder Arbeit und Geld. Wir dachten ja immer, dass es wenigstens Sozialhilfe gebe. Die gibt es auch. Aber längst nicht für alle und schon gar nicht gleich. Neun Monate lang, so erklärte Denka, muss man sich jeden Monat beim Sozialamt melden und unterschreiben dass man ohne Arbeit und Einkommen ist. Erst nach dieser Zeit wird dann auch Sozialhilfe bezahlt - wenn man vorher nicht verhungert oder an irgendeiner Krankheit gestorben ist, weil man ja auch die medizinische Behandlung nicht bezahlen kann. Und wenn dann endlich die Wartezeit vorüber und jeden Monat unterschrieben worden ist, dann gibt es endlich Sozialhilfe - 37 Lewa im Monat, das sind rund 19 Euro. Das reicht gerade mal dafür, jeden Tag ein Brot zu kaufen. Denkas Tochter Nadja ist übrigens eine von den vielen, die keinerlei Ansprüche haben. Sie wird immer gleich weggeschickt weil sie ja in den Sommermonaten in einer Hotelküche gearbeitet hat. Und da muss sie ja schließlich Geld haben.
Also wovon leben?

1 Kommentar:

  1. Hallo Karla und Jo,
    ich lebe auch in Bulgarien und den
    Diebstahl von insgesamt 191 Kilometer Stromkabel wird wohl niemand mit dem Handwagen weggefahren haben.
    In der Nähe unseres Dorfes werden die Baustellen durch eine Nachtwache gesichert, was sich ein großer Konzern ja sicher auch leisten kann. Hier ist auch noch niemand verhungert, obwohl auch hier die Menschen wenig Geld haben.
    Euer Berichte lesen sich teilweise ein bischen wie die Bildzeitung, vor allem noch mit den 10 Negativen Top.Entweder man liebt das Land und nimmt es mit allen seinen Ecken und Kanten, oder man lässt es.

    Ihr habt auch geschrieben:

    "Bei vielen Lebensmitteln sind wir nicht sicher, was da wirklich drin ist." Auf allen Packungen sind die Inhaltsstoffe deklariert und was wirklich drin ist, findet man in Deutschland trotz Kontrollen erst durch Skandale heraus.
    Hier kann man noch in die Markthallen gehen und frisches Fleisch kaufen, aber durch Panikmache wird das, was jahrzente gemacht wurde, einfach zerstört.Wenn Ihr mal richtig schön einkaufen wollt, kann ich Euch den Basar in Sliven empfehlen.Dort bekommt man gute Ware zum fairen Preis. In einen Supermarkt zu gehen ist einfach, aber nützt dem bulgarischen Volk überhaupt nichts, den diese machen nur die kleinen Leute kaputt.
    Liebe Grüße Eli

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