Freitag, 24. August 2012

Ein Fest der Musik in Sliven

Es war eine intensive, anstrengende, aber ungemein erlebnisreiche Woche, die wir Ende Juli erlebten.
Singen mit Georgi Kalaidshiev und Fredrik Vahle in Slivens Innenstadt
Unser Freund, der Geigenvirtuose Georgi Kalaidjiev, Initiator des Projektes "Musik statt Straße", hatte nach Sliven eingeladen. Zwei Jahre nach dem Start des Projektes sollten wir, die Namenserfinder für das Projekt, erstmals Gelegenheit haben, die jungen Musikschüler spielen zu sehen und zu hören. Einen kleinen Höhepunkt gab es gleich am Abend unserer Ankunft in Sliven.
Auf einem Platz im Stadtzentrum war zum Konzert geladen. Den Auftakt gaben die Musiklehrer. Doch dann musizierte das Orchester der Kinder, zwischen 7 und 12 Jahren alt und mit einer Musikschulerfahrung zwischen 6 Monaten und zwei Jahren. Und sie spielten konzentriert und mit viel Eifer. Da konnte auch der Wind, der immer mal ein Notenblatt davonwehte, nicht wirklich stören.
Musikbegeisterung sichtbar
Ihre Begeisterungsfähigkeit für jede Art Musik und Bewegung demonstrierten sie dann beim gemeinsamen Singen mit dem Liedermacher Fredrik Vahle, den sie vom Besuch im vergangenen Jahr in Gießen kannten. Mit seinen Mitsing-, Mitspiel- und Mittanzliedern eroberte er die Herzen der jungen Leute ebenso wie das vieler Zuschauer.
Eines der beeindruckendsten Erlebnisse des Konzertes gab es an dessen Ende: Zwei Straßenjungen kamen zur Bühne und fragten, ob bei dem Projekt wirklich jeder ein Instrument lernen kann. Natürlich, so die Antwort von Georgi Kalaidjiev und Radka Kusseva, Leiterin der Musikschule. Sie bestellten die beiden Jungen für den nächsten Tag in das Jugendzentrum, in dem die Prüfungen für die stattfinden würden, die schon länger Musikunterricht erhalten.
Doch der Abend war noch nicht zu Ende. Mit dem Bus ging es in das Wohngebiet Nadeshda: Ghetto für den größten Teil der Slivener Romafamilien, abgetrennt vom Rest der Stadt durch eine Mauer, die die Stadtverwaltung vor Jahren errichten ließ. Der Name Nadeshda bedeutet übrigens Hoffnung - viele der in diesem Ghetto Lebenden, einem der größten in Bulgarien, haben allerdings wenig Hoffnung, was eine Verbesserung ihres Lebens betrifft. Doch ihre Lebensfreude ist ungebrochen. Der zentrale Platz im Viertel war dicht gefüllt, alle warteten auf das Konzert der Kinder des Projektes "Musik  statt Straße. 

Konzert im Romaviertel Nadeshda
Die kleinen Musiker kommen schließlich aus diesem Viertel, und dank dieses Projektes erleben die Kinder und ihre Familien nicht nur kulturelle Bildung sondern auch ein Stück Verbesserung ihrer Lebensqualität. Auch wenn noch nicht alle Töne des jungen Orchesters stimmen - die Begeisterung und der Beifall der Zuschauer waren groß. Wahre Begeisterungsstürme dann beim folgenden Auftritt der Blasformation Karandila jr. Auch das ein Projekt eines Slivener Musikers für junge Leute, allerdings auf dem Gebiet des auch international sehr beliebten Gipsy Brass.
Am nächsten Morgen war dann Prüfung angesagt. In einer Einzelprüfung zeigte jedes Kind, was es mit seinem Instrument gelernt hat. Das Niveau war, entsprechend der unterschiedlichen Lerndauer, sehr unterschiedlich, in den meisten Fällen aber für uns verblüffend gut. Neben vielen anderen Violine- und Klavierspielern hinterließ ein kleines Mädchen den wohl größten Eindruck - die 6jährige Franzi lernt gerade erst mal drei Monate in der Musikschule. Doch mit unglaublichem Selbstbewusstsein kam sie in den Prüfungsraum, in dem zehn Leute vor ihr saßen, nahm ihr Kindercello zwischen die Knie und spielte los. Und das in einer Qualität, als hätte sie ihr ganzes bisheriges Leben nicht anderes getan. Mit der gleichen hohen Qualität hatte zuvor schon ihre ältere Schwester Zwetelina aufgewartet, die seit zwei Jahren Violinunterricht erhält.
Ach ja, die beiden Straßenjungen, die sich am Vorabend für die Musikschule interessierten, waren auch gekommen. 


Möchte auch ein Instrument lernen
Sie waren neugierig, musikbegeistert,  interessiert an den Instrumenten. Sie bekamen alle Informationen zum Projekt, die Anmeldeformulare, aber auch den Hinweis, dass die Aufnahme in das Projekt, das sich ja aus Spendengeldern finanziert, auch Disziplin erfordert - wer wiederholt fehlt darf nicht mehr kommen.

Zum Abschluss der Prüfungen gab es dann aus den Händen von Marie Hauschild, die gemeinsam mit Georgi Kalaidjiev den Großteil der organisatorischen Arbeit in Gießen für das Projekt erledigt, für jedes Kind noch ein kleines Geschenk - zur Verfügung gestellt von Sponsoren aus Gießen.

Was wir in Sheravna mit den Kindern erlebten, dazu in den nächsten Tagen mehr.

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