Mittwoch, 18. November 2009

Schweinegrippe auch hier

Vor zwei Tagen kam Denka zu uns: ob wir Ilija zum Arzt in den Nachbarort fahren können. Denka und Ilija sind Freunde von uns. Sie gehören zur Minderheit der Roma. Seit wir - damals noch als Urlauber - hier unseren Wohnwagen fest installiert haben, helfen sie uns auf dem Grundstück, im Garten, beim Bauen, versorgen unsere Pferdchen. Na klar helfen wir da auch ihnen. Dass Ilija krank war wussten wir schon - Grippe. Jetzt hatte sich sein Zustand stark verschlechtert. Der Arzt untersuchte ihn und empfahl dringend eine Röntgenaufnahme. Das gehört aber nicht zum normalen Versicherungsumfang sondern muss selbst bezahlt werden. 30 Lewa, das sind rund 15 Euro. Das Geld hat Ilija nicht. Seit fünf Monaten arbeitet er als Gemeindearbeiter, dafür bekommt er knapp 200 Lewa im Monat. Natürlich haben wir ihm in dieser Situation auch mit Geld ausgeholfen. Die Röntgenaufnahme zeigte einen alarmierenden Zustand: Lungenentzündung, Wasser in der Lunge. Sofort ins Krankenhaus nach Burgas, forderte der Arzt. Aber: Ilija ist erst seit fünf Monaten beschäftigt und damit auch erst seit fünf Monaten krankenversichert. Und da hat er weder Anspruch auf einen Krankentransport noch auf den Krankenhausaufenthalt. Es sei denn, er bezahlt beides selbst. Aber wovon? Es gab auch noch einen anderen Weg: bei der Krankenversicherung in Burgas die fehlenden Monate nachbezahlen. Wir haben das gern für Ilija übernommen, die Beiträge sind nicht sehr hoch. von 200 Lewa im Monat, die mit Mühe fürs Essen der Familie reichen, aber nicht zum Nachzahlen von mehr als 100 Lewa.
Im Krankenhaus bekam er Medikamente, kam an den Tropf. Die Behandlung ist in Ordnung, sagt sein erwachsener Sohn. Er liegt mit den gleichen Symptomen schon einige Tage länger im Krankenhaus. Für ihn hat die Nachzahlung der Krankenversicherung sein Chef übernommen. Auch er war noch kein Jahr beschäftigt.
Wir wissen nicht, wie viele Leute in Bulgarien von der Schweinegrippe betroffen sind. Es müssen viele sein, die Schulen im Land waren jetzt wegen der vielen Erkrankungen mehr als eine Woche geschlossen. Wir wissen auch nicht, wie viele Erkrankte überhaupt nicht erst zum Arzt gehen, weil sie keine Krankenversicherung haben. So weit wir informiert sind, ist eine Behandlung in der Notfallambulanz kostenlos. Aber jede weitere Arztkonsultation, jeder Medikamentenkauf muss bezahlt werden. Das dürften sich hier in der Region nicht allzu viele leisten können. Besonders die Roma, die in den vergangenen Jahren auf Baustellen gearbeitet haben (die meisten schwarz und also nicht versichert) sind durch die längst auch in Bulgarien angekommene Krise so gut wie alle ohne Arbeit.

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