Mittwoch, 27. Februar 2013

Tristesse bonjour - Die Proteste gehen weiter

Die Sonne kämpft sich durch
Trübe Aussichten - das Dorf versteckt sich seit Tagen unter einer dicken Nebelschicht und tiefhängenden Wolken, aus denen unermüdlich Nieselregen tropft. Das Feuerloch steht bis zum Rand voll Wasser - sieht wie ein Brunnen aus, ist aber leider keiner. Hündin Blacky ist heiß und lockt Rüden an, aber bei dem Wetter bleibt sie, wie auch Leo, meist doch lieber unter einem schützenden Dach. Und die Katzen sitzen bei diesem Sauwetter am Kamin.
Kuschlig warm am Kamin
Die Situation im Land verstärkt die Nebeldepression - aber wenigstens wettermäßig ist Besserung in Sicht. Die Leute im Dorf leben ihr einfaches Leben weiter - sie schimpfen über die unhaltbaren Zustände im Land, und nebenbei versuchen sie irgendwie, sich und ihre Familien über Wasser zu halten. Mit ein paar Hühnern, Kühen, Ziegen, Schafen. Oder einem kleinen Laden. Aber die Umsätze sind im Winter eher bescheiden.
Gestern haben sie einige Frauen im neuen Veteranen- (oder besser Senioren?)Klub getroffen, um gemeinsam Martenizi zu basteln. Das sind die rot-weißen Bändchen, die man sich am 1. März gegenseitig schenkt in der Hoffnung auf ein gutes Jahr. Die Hoffnung stirbt halt immer zuletzt.


Noch snd sie nicht verteilt, die Martenizi

Aber jetzt warten wir alle miteinander darauf, dass die Aussichten wieder besser werden - wettermäßig, wie gesagt, soll das schon von Freitag an werden. Finanziell wird es hier an der Küste erst mit der neuen Badesaison wieder besser, wenn die Gäste kommen, Zimmer mieten, die Gaststätten bevölkern und in den kleinen Läden einkaufen. Wie es politisch weitergeht bleibt abzuwarten. Mit einer der etablierten Parteien wird es wohl kaum vorwärtsgehen im Land, die waren ja alle schon mal an der Macht und haben nichts bewegt - außer Geldströme in die eigenen Taschen.
Und damit nicht alle denken, wir sehen alles einfach viel zu schwarz, hier der Link auf ein interessantes Interview zur Situation in Bulgarien, das  Deutschlandradio Kultur gesendet. Was hier beschrieben ist, das empfinden und erleben wir, seit wir hier leben, genauso.
http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/thema/2022632/

Mittwoch, 20. Februar 2013

Da werden die Wahlen wohl vorgezogen

Fischerhafenn in Pomorie
Die Zeit rennt. Eigentlich wollten wir ja was schreiben über unseren Kurlaub vergangene Woche in Pomorie, nördlich von Burgas gelegen.
Doch jetzt diese Ereignisse - Rücktritt der Regierung. Weil Borissow kein Blut auf der Sofioter Adlerbrücke sehen kann oder will. Und nicht will, dass bulgarische Polizisten gegen bulgarische Bürger vorgehen. Dafür sei seine Regierung nicht angetreten, sagt er. Nein, eigentlich ist sein Wahlbündnis GERB 2009 ja dafür angetreten und auch gewählt worden, weil sie Korruption bekämpfen, Arbeitsplätze schaffen, das Leben für die Bulgaren besser machen wollen. Was tatsächlich passiert ist: es wurden Autobahnen gebaut. Und Straßen (auch bei uns). Das ist schon mehr als die Regierungen vor ihm geschafft haben. Aber alles andere blieben leere Versprechungen. Warum kann hier nicht erörtert werden, dazu ist der Sumpf zu tief. Und flächendeckend.
Auslöser dafür, dass die eigentlich eher friedlichen und bei Protesten zurückhaltenden Bulgaren in den letzten Tagen zu Zigtausenden auf die Straße gehen waren die Energierechnungen. Die Diskussionen dazu verfolgen wir auch in unserem kleinen Dorf seit Tagen: Das Anderthalbfache bis Doppelte im Vergleich zu den Vormonaten wurde da plötzlich in Rechnung gestellt - trotz kaum höheren Energieverbrauches als zuvor. Beispiel einer Rentnerin: sie bekommt 160 Leva (rund 80 Euro) Rente und ihre letzte Energierechnung zeigte einen Betrag von 150 Leva.  Und sie begreift nicht wieso.
Borissows Regierung hatte auf Grund der Proteste zugesagt, dass die Energiepreise ab März wieder gesenkt werden sollen. Wie die Leute bis dahin die Rechnungen bezahlen sollen hat er nicht gesagt. Ach ja, einer der drei ausländischen Energieversorgungsfirmen soll die Lizenz entzogen werden. Von der geforderten Verstaatlichung aller Energieversorger keine Rede. Und da außer den Energiepreisen auch so ziemlich alles andere teurer geworden, Löhne und Renten aber nicht annähernd im gleichen Maße erhöht wurden, hat das nun das Fass zum Überlaufen und ein eigentlich friedfertiges Volk in den großen bulgarischen Städten auf die Straße gebracht.
Borissow hat also das Handtuch geworfen. Dabei wären im Sommer ohnehin Wahlen gewesen. Aber Wahlkampf ist wahrscheinlich einfacher zu betreiben wenn man sich nicht für die vergangenen Jahre verantworten muss sondern als Nicht-mehr-Regierender neue Versprechen machen kann.
Unseren Aufenthalt im Kur-Hotel in Pomorie in der vergangenen Woche haben wir trotzdem genossen. Da war ja auch noch nicht zu erahnen wie sich die Ereignisse zuspitzen würden.