Sonntag, 22. März 2020

Am Anfang war der März noch schön

Zum Wohl auf ein gutes Weinjahr
Er hat gut begonnen, der Monat März. so wie auch schon der Februar sich gezeigt hatte. Das Wetter mit Unterbrechungen frühlingshaft schön. Und Feste und Feiern am laufenden Band.
Da war im Februar erst mal der Trifonstag, Tag des Heiligen Trifon, der vor allem die Winzer beschützt. Gefeiert wird er laut neuem Kalender am 14. Februar. Es ist der Tag, an dem mit den unterschiedlichsten Ritualen die Weinstöcke gesegnet werden. Dazu treffen sich kommerzielle und private Winzer zu einem kleinen Fest. So auch in unserem Dorf. Die Männer trafen sich am Vormittag bei schönstem Sonnenschein auf der Strasse, jeder hatte etwas für einen kleinen Imbiss mitgebracht und natürlich den Wein vom Vorjahr. Jo hatte unseren selbstgemachten Schinken dabei. Wir Frauen trafen uns in Maras Laden und verkosteten dort Wein und hausgemachte Wurst und verschiedene Speck- und Schinkenspezialitäten.
Am 1. März dann war Baba Marta zur grossen Freude nicht nur der Kinder auch in unserem Dorf und verschenkte die traditionellen rot-weissen Bändchen. Am Abend wurde ein uralter Brauch zelebriert: Palikosh, brennender, mit Stroh gefüllter Korb. ein Ritual das es nicht nur in Bulgarien gibt: Stroh oder Strohpuppen werden verbrannt und auf dese Weise wird der Winter vertrieben.
Alles Gute zum 70. liebe Nina
Am 8. März dann kleine Frauentagsfeier im Varnata bei einem schönen Mittagessen mit traditioneller Volksmusik. Zum Tanzen ging es dann in die neue Pizzeria, wo die Romafrauen feierten. Dort wurde dann auch getanzt. Getanzt haben wenige Tage später auch die Frauen, die sich regelmässig in Maras Laden treffen: eine aus unserer Mitte feierte ihren 70. Geburtstag.
Und dann war plötzlich Schluss. Corona hatte uns eingeholt. Sicher war vorher schon viel von der Krankheit die Rede, einige wenige Erkrankungen waren auch in Bulgarien registriert. Schon sehr früh, viel früher als Deutschland, hat die bulgarische Regierung Kontrollen an den Grenzen und Veranstaltungsverbote verfügt. Es herrschen starke Beeschränkungen für den Aufenthalt im Freien, aber keine generelle Ausgangssperre.
Baba Marta war da
Mittlerweile sind die Grenzen noch viel schärfer überwacht, alle Shopping-Malls, Gaststätten, Diskos, Bars und viele andere mussten schliessen. In den Malls dürfen nur Lebensmittelläden, Apotheken, Drogerien öffnen. In den Gemeinden ist es vorgeschrieben, dass alle Neuankömmlinge sich bei der Verwaltung anmelden müssen. Die grossen Städte werden Fahrzeuge an Ein- und Ausfahrtstrassen kontrolliert, nur unbedingt notwendige Fahrten werden erlaubt. Und ausserdem: um die älteren Bürger besonders zu schützen dürfen von 8.30 bis 10.30 Uhr nur Leute über 60 Jahre einkaufen, alle anderen erst danach.

Toilettenpapier ist nicht ausverkauft, aber gehamstert wurde natürlich auch hier. Vor alle preiswertes Mehl und Oel waren schnell vergriffen. Massenhaft leere Regale wie in Deutschland sieht man hier allerdings nicht, dazu fehlt die Kaufkraft.
Zur Zeit werden in den Gemeinden Freiwillige gesucht, die bereit sind den Menschen zu helfen, die nicht mehr selbst ihren Lebensalltag bewältigen können. Ganz vornan steht natürlich erst mal die Hilfe beim Einkauf.
Wir sind von Anfang an nur noch zum Einkaufen gefahren und ansonsten zu Hause geblieben. Da haben wir Glück dass wir einen Garten haben und nicht mitten in einer Stadt leben. Ausserdem wollen die Hunde ihren Spaziergang haben und die Pferde müssen versorgt werden. Also normaler Alltag nur ohne Besuche bei oder von anderen Menschen.
Der Frühling ist trotzdem da und erfreut uns
Irgendwie fühlte man sich anfangs wie in einem Science-Fiction-Film und so gar nicht wie in der Realität. Aber dieses Gefühl ist mittlerweile verschwunden - es ist die Realität und sie wird noch eine Weile so weitergehen. Und wir lernen damit zu leben, zumindest eine ganze Weile.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen